Abschied von alt Ständerat Bernhard Seiler

Passionierter Agronom, Politiker und Weltbürger

8. März 2025 von Hannes Germann

Bernhard Seiler
Heute wäre der alt Ständerat 95 Jahre alt geworden.

In diesen Tagen müssen wir Abschied nehmen von alt Ständerat Bernhard Seiler, der auf dem Höhepunkt seiner langjährigen politischen Karriere unseren Kanton von 1987-1999 im Bundesparlament vertreten hat. Im Ständerat lagen Bernhard Seilers Schwergewichte in den Bereichen Landwirtschaft und Berufsbildung, bei der Aussenpolitik (unter anderem im Europarat) sowie bei der Aufsicht über die Verwaltung. Staatsrechtsprofessor und Ständeratspräsident René Rhinow würdigte Bernhard Seiler mit folgenden Worten: «Er war gewiss kein Vielredner. Seine Voten aber waren stets wohldurchdacht, abgewogen und dennoch bestimmt.»

Die wichtige Landwirtschaft

Als langjähriges Mitglied der Geschäftsprüfungskommission war Bernhard Seiler sozusagen prädestiniert für den Einsitz in der PUK EJPD von 1992 (heute VBS). Seine seriöse und fundierte Arbeitsweise ist ganz offensichtlich geschätzt worden. Denn er wurde in die danach gebildete, sechs köpfige Geschäftsprüfungsdelegation (je drei Mitglieder aus beiden Räten) berufen, die für die Überwachung des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste zuständig ist. Als Höhepunkt präsidierte er dieses wichtige Gremium 1998/99. Und, wie René Rhinow treffend anmerkte: «Es musste wohl so sein, dass gerade er als besonnener, stabiler Pol in einer stürmischen Zeit – Stichworte: Südafrika, Bellasi – gerade dieses Präsidium zu übernehmen hatte.» «Mit seinem überzeugenden Engagement, vor allem in der Bildung und Beratung, hat der ehemalige langjährige Charlottenfels Direktor massgebend zum nach wie vor ausgezeichneten beruflichen Knowhow der Schaffhauser Bäuerinnen und Bauern beigetragen.» Mit diesen Worten würdigte Regierungsrat Ernst Landolt das Wirken von Bernhard Seiler zu dessen 90. Geburtstag. Tatsächlich ziehen sich die Landwirtschaft und das Bemühen um die Verbesserung der bäuerlichen Produktionsgrundlagen wie ein roter Faden durch sein Leben – und damit selbstredend auch durch jenes seiner Gattin Irmgard Seiler Murbach.

Früher Schicksalsschlag

Bernhard Seiler, geboren am 8. März 1930, Bürger von Bibern und Hofen (heute Thayngen) und Schaffhausen, aufgewachsen mit zwei Schwestern auf dem elterlichen Betrieb in Bibern, lernte er das bäuerliche Handwerk sozusagen von der Scholle auf. Damit wäre sein Weg als einziger Sohn eigentlich vorgezeichnet gewesen. Dann kam es zu einer tragischen Zäsur. Bernhards Vater hatte als Kantonsrichter eine Sitzung – just am 1. April 1944, einem Samstag. Er war eines der Opfer der Bombardierung. Seine Mutter, damals Mitte 40, musste rasch handeln. Und sie tat dies auf ihre Weise, indem sie sich vom Bauernhof trennte und auf eine gute Ausbildung der Kinder setzte, was ihr bei allen gelang. Ihr war es zu verdanken, dass Bernhard die Kantonsschule besuchen durfte. Das eröffnete ihm nicht nur die Möglichkeit eines Studiums an der ETH Zürich (Ing. agr. ETH). Es folgte ein Nachdiplomstudium an der Universität Dublin, was auch seinen Sprachkenntnissen zugutekam. Bei einem Besuch von Freunden in London machte Bernhard Seiler Bekanntschaft mit einem kanadischen Farmbesitzer. Dieser konnte den jungen Agronomen überzeugen, Manager seiner Milchfarm südlich von Montreal zu werden. Zunächst für zwei Jahre, aus denen schliesslich vier volle Jahre wurden (1956–1960). Grund für die Verlängerung war nicht zuletzt die Tatsache, dass ihm seine Verlobte Irmgard Murbach nach Kanada folgte. «Wir heirateten an einem eisig kalten Januartag in der Kirche von Lacolle. Allerdings erst, nachdem die Kühe in unserem Laufstall versorgt waren.» Nach der Rückkehr in die Schweiz ist Bernhard Seiler der Landwirtschaft treu geblieben, allerdings auf anderer Ebene. So wirkte er ab 1962 als Pflanzenbaulehrer an der Landwirtschaftlichen Schule Charlottenfels, von 1974 bis 1987 war er deren Direktor. Für Irmgard war das gleichbedeutend mit der Leitung der Bäuerinnenschule und der Verantwortung für die Verpflegung von Berufs und Winterschülern sowie von Teilnehmenden an Lehrmeisterkursen. Eine Zeit, an die sich meine Ständeratskollegin Eva Herzog, als einstige Absolventin der Bäuerinnenschule, gerne zurückerinnert. Sie war und ist voll des Lobes für das Ehepaar Seiler und Charlottenfels.

Bescheiden und engagiert

Unmittelbar vor dem Corona Lockdown lud das Ehepaar Seiler anlässlich des 90. Geburtstags von Bernhard zur Feier nach Thayngen. Manch einer staunte nicht schlecht über das vielfältige Engagement des Jubilars. Bernhard Seiler war tat sächlich mehr als ein Glücksfall für die Landwirtschaft und die bäuerliche Berufsbildung, sein vielfältiges Wirken und seine verlässliche und bescheidene Art waren allseits geschätzt. Allein seine langjährige politische Tätigkeit ist beeindruckend: 15 Jahre Thaynger Einwohnerrat (BGB/SVP), davon dreimal Präsident. Ab 1969 vertrat er bis zu seiner Wahl in den Ständerat 1987 den Kreis Reiat im Kantonsrat, den er 1983 präsidierte. Neben dem beruflichen und politischen Engagement leistete er seinen Militärdienst, zuletzt als Oberst im Territorial Kreis 42, gesellschaftlich als Zunftmeister und in zahlreichen Organisationen (Rotary Club, Bogen schützen, Schaffhauser Fernsehen und mehr). Seine Jahre nach dem Rückzug aus der Politik verbrachte er oft mit Reisen oder ab und zu auch einem Besuch im Bundeshaus oder im Parlament in Strassburg. Nicht selten in Begleitung von Gästen aus Übersee. Als ehemaliger Lehrer hatte er eben auch die Gabe, seine Gäste zu begeistern. Nun hat sich sein Lebens und Wirkungskreis geschlossen. In den schweren Tagen des Abschiednehmens sind unsere Gedanken bei seiner Frau Irmgard, seiner Familie, seinen Nächsten. Bernhard Seiler, der so viel für unseren Kanton getan und bewirkt hat, würde just heute Samstag, 8. März, 95 Jahre alt. Wir gratulieren ihm posthum, bedanken uns für sein Lebenswerk – und sagen: «Adieu Bernhard. Farewell.»

Hannes Germann, Ständerat