Vereine besteuern?
Wertvolle Vereinskultur nicht aufs Spiel setzen!
Das Anliegen, bei Besteuerung von Vereinen zurückhaltend zu sein, stiess im Kantonsrat nicht auf Wohlwollen. Der Ratspräsident Thomas Hauser bezeichnete die kommende Abstimmung sogar wenig zimperlich als «Quatsch». Vielleicht lag es an den sommerlichen Temperaturen oder daran, dass viele Volksvertreter ihre Meinung schon vorher gemacht hatten. Über die Vereinsbesteuerung stimmen wir am 26. November 2017 ab. Es geht um viel, es geht um unsere Vereinskultur.
Deshalb lohnt es sich, die Vorlage genau anzuschauen. Vereine sind wichtig für die Freiwilligenarbeit, wichtig für die Entwicklung von Eigeninitiative, wichtig für die kulturelle Vielfalt, wichtig für den Sportnachwuchs und wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Vereine leisten auf vielfältige Weise wichtige Beiträge für die ganze Gesellschaft. Deshalb müssen wir aufpassen, dass wir nicht mit einer unnötigen Änderung der Besteuerung wertvolle Vereinskultur in unserem Kanton aufs Spiel setzen. Im Zweifel sollten wir auf zusätzliche Besteuerungen der wertvollen Freiwilligenarbeit in den Vereinen verzichten.
Heute müssen Vereine im Kanton Schaffhausen bis zu einem Gewinn von 20‘000 Franken keine Steuern bezahlen. Das ist gut so. Auch wenn ein Verein einmal ein ‹Chränzli› oder eine Jubiläumsfeier macht, wird diese Grenze selten erreicht. In vielen Vereinen wird zum Glück gratis gearbeitet, zum Fest werden Kuchen gebacken – natürlich nicht verrechnet – und dann in die ‹Kafistube› gebracht. Jeder trägt etwas zum Vereinsleben bei und schont die Aufwandsseite der Vereinsbuchhaltung. Das alles bringt uns gesellschaftlichen Zusammenhalt, eine kulturelle Bereicherung und oft auch Integration und Jugendförderung. Deshalb ist es auch richtig, dass heute die wenigsten Vereine Kantons- und Gemeindesteuern zahlen. Und auch die Bürokratie mit dem Ausfüllen der Steuererklärung müssen sich die wenigsten Vereinskassiere antun.
Neu sollen Vereine ab 5‘000 Franken Steuern zahlen, ausser sie können der Steuerverwaltung beweisen, dass sie einen so genannten ‹ideellen Zweck› verfolgen. Was das genau bedeutet, ist nicht klar geregelt. In der Botschaft der Regierung heisst es «Was unter einem ideellen Zweck zu verstehen ist, wird durch die neuen Bestimmungen nicht definiert.» Klar ist lediglich, dass Vereine als ideell gelten, sofern sie eine Jugend- oder Nachwuchsförderung betreiben. Sobald sie ihren Mitgliedern einen geldwerten Vorteil verschaffen – das können zum Beispiel auch Helferreisen, die Benutzung von Vereinseigentum oder Eintritte zu Veranstaltungen sein – gilt dies definitiv als nicht ideell. Es ist es zumindest fraglich, ob die Steuerverwaltung bei solchen Vereinen noch einen ideellen Zweck sehen will. In der Praxis dürfte die Unterscheidung zwischen "ideell" und "nicht ideell" viele Fragen aufwerfen, was Kosten und viel mühsame Bürokratie für die Vorstandsmitglieder mitbringen wird. Leider wollte eine Mehrheit des Kantonsrates nichts wissen von diesen Bedenken.
Warum müssen wir die Vereinsbesteuerung denn überhaupt ändern? Die Anpassung geht auf einen Vorstoss von Ständerat Alex Kuprecht auf Bundesebene zurück. Er beabsichtigte ausdrücklich, ideelle Vereine – also Turnvereine, Musikvereine und so weiter – von Steuern zu befreien, und zwar weil dies auf Bundesebene und in verschiedenen Kantonen bisher nicht der Fall war. Anders als in vielen anderen Kantonen ist das Anliegen der Steuerbefreiung für Vereine im Kanton Schaffhausen aber bereits heute umgesetzt. Mit der vorliegenden Schaffhauser Umsetzung, die faktisch eine Steuererhöhung zulasten der Vereine beinhaltet, schiesst der Regierungsrat also am Ziel vorbei. Statt die Vereine zu entlasten, werden sie sicher mit Mehraufwand und je nach dem auch mit Steuerabgaben belastet.
Andere Kantone haben die Vorgabe des Steuerharmonisierungsgesetzes besser umgesetzt: Sie schauten bei der Umsetzung, dass es für ihre Vereine keine Verschlechterung gibt. Der Kanton Bern etwa setzt die Freigrenze für alle Vereine – egal ob ideell oder nicht – auf 20‘000 Franken fest. Damit entfällt die unselige Unterscheidung in ideelle und nicht ideelle Vereine. Warum Schaffhausen nicht auch diesen Weg geht, konnte im Kantonsrat niemand schlüssig beantworten.
Das Schaffhauser Stimmvolk hat nun am 26. November 2017 die Gelegenheit, den Fehlentscheid des Kantonsrates zu korrigieren. Es braucht ein Nein an der Urne. Wer die Abstimmung als ‹Quatsch› abtut, verkennt offensichtlich die Situation. Es wäre ein grosser Fehler, unsere wertvolle Schaffhauser Vereinskultur fahrlässig aufs Spiel zu setzen. Die Vorlage ist nicht fertig gedacht. Manch ein Vereinsmitglied wird sich zurecht besorgt fragen, ob sein Verein ab 2018 Steuern zahlen muss. Es muss verhindert werden, dass Vereinsvorstände bald schon neu über Steuererklärungen brüten und die Einnahmen aus dem Kuchenverkauf dem Steuervogt abliefern müssen.
Daniel Preisig, Andreas Gnädinger, Pentti Aellig, Mariano Fioretti, Erwin Sutter
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