Steurerfussreferendum ohne ungültiges Budget!
Der Regierungsrat wird beauftragt, das Gemeindegesetz (SHR 120.100) so zu präzisieren, dass Gemeinden in ihrer Verfassung vorsehen können, dass das Budget und der Steuerfuss separat dem Referendum unterstellt werden können. In Gemeinden, die in ihrer Verfassung sowohl das Budgetreferendum als auch das Steuerfussreferendum verankert haben, soll das Steuer¬fuss¬referendum nur den separaten Beschluss zur Steuerfussfestsetzung betreffen.
Das Referendumsrecht ist eine der wichtigen Erfolgssäulen der direkten Demokratie. Wegen des Referendumsrechtes sind politische Entscheide in der Schweiz gründlicher durchdacht und besser abgestützt. Dank des Referendumsrechtes sind in der Schweiz die Steuern tiefer als in allen anderen Ländern um uns herum, und das bei ausgezeichneten staatlichen Leistungen.
In der Stadt Schaffhausen sieht die Stadtverfassung vor, dass das Budget (Voranschlag) und die Festsetzung des Steuerfusses Beschlüsse sind, gegen die separat das Referendum ergriffen werden kann (vgl. Anhang 2). Entsprechend werden seit Jahren auch die Beschlüsse des Grossen Stadtrates zur Genehmigung des Budgets und der Festsetzung des Steuerfusses separat beschlossen sowie separat dem Referendum unterstellt. Das Instrument Budget- und Steuerfuss¬referen¬dum im Kanton Schaffhausen wurde in den 50er- und 60er-Jahren von der freisinnig-demokratischen Partei mit einer Initiative erfolgreich erkämpft.
Zuletzt wurde das Steuerfussreferendum in der Stadt im Dezember 2018 ergriffen. Dabei entstand eine Unklarheit, ob mit zustande gekommenem Steuerfussreferendum auch das gesamte Budget betroffen ist oder nicht. Während die Stadtverfassung ganz klar von getrennten Beschlüssen und getrennten Referenden ausgeht, führte die Auslegung des kantonalen Gemeindegesetzes zu unterschiedlichen Resultaten. In Artikel 44 des Gemeindegesetzes heisst es (vgl. Anhang 1): «Die Gemeindeverfassung kann vorsehen, dass nur die Festsetzung des Steuerfusses dem Referendum untersteht. Wird der Steuerfuss verworfen, so gilt auch der Voranschlag als verworfen.»
Kern der unterschiedlichen Auslegung ist die Frage, wie das Wort ‹nur› interpretiert wird:
Möglichkeit 1: Das Wort "nur" wird so interpretiert, dass nur der Steuerfuss, nicht aber das Budget insgesamt dem Referendum unterstellt wird. In diesem Fall findet der ganze Absatz keine Anwendung auf die Stadt, weil gemäss Stadtverfassung sowohl das Budget insgesamt als auch der Steuerfuss separat dem Referendum unterstellt wird.
Möglichkeit 2: Das Wort "nur" wird so interpretiert, dass zusätzlich zum gesamten Budget auch noch der Steuerfuss einzeln dem Referendum unterstellt werden kann. In diesem Fall gilt gemäss zweitem Satz der Bestimmung das Budget verworfen, wenn der Steuerfuss verworfen wird.
Für Möglichkeit 1 spricht die Gemeindeverfassung von Neuhausen am Rheinfall. In Neuhausen untersteht nur der Steuerfuss dem fakultativen Referendum (und nicht das Budget; vgl. Art. 25 lit. l Gemeindeverfassung, Anhang 3). Das mit der Gemeindeaufsicht betraute Volkswirtschaftsdepartement geht − gestützt auf die Materialien − von Möglichkeit 2 aus.
Die Unklarheit führte dazu, dass die Stadt zwecks Minimierung des Beschwerderisikos und einem monatelangen Unsicherheitszustand das Budget nicht als rechtskräftig erklären konnte.
Die Verknüpfung von Steuerfuss mit dem gesamten Budget führt zu einer unbefriedigenden Situation. Eigentlich unbestrittene Budgetkredite sind blockiert, d.h. Projekte können nicht gestartet werden, Investitionen (Gewerbeaufträge) können nicht ausgelöst werden und das Personal muss auf die Lohnerhöhung warten. Diese Blockierung ist ungewollt: Wenn andere Positionen im Budget verändert werden sollen, dann steht der Weg frei, das Referendum gegen das ganze Budget zu ergreifen. Zudem wird es der Stimmbürgerin und dem Stimmbürger verwehrt, spezifisch über den Steuerfuss abzustimmen. Er muss sich immer bewusst sein, dass sein Entscheid Nebenwirkungen auf andere Budgetpositionen hat. Damit wird das in der Bundesverfassung stipulierte Recht auf die «unverfälschte Stimmabgabe» unnötig beschnitten.
Das Argument, der Steuerfuss sei mit dem Budget untrennbar verbunden, ist nicht stichhaltig. Schliesslich haben auch andere wichtige politische Entscheide wie grosse Investitionen (z.B. Schulhausbau) oder wiederkehrende Ausgaben (z.B. Ausbau ÖV), über welche das Parlament und das Volk separat entscheiden, einen massgeblichen Einfluss auf den Haushalt, und zwar ohne das Budget formell infrage zu stellen.
Mit diesem Vorstoss soll das Gemeindegesetz angepasst und die heute bestehende, unbefriedigende Situation beseitigt werden. Gemeinden sollen in ihren Verfassungen ein Steuerfussreferendum vorsehen können, welches unabhängig von der Gültigkeit des restlichen Budgets ist. Die Regierung wird gebeten, eine Gesetzesformulierung vorzuschlagen, welche keine Revisionen der Gemeindeverfassungen notwendig macht.