Regierungsrat auf Abwegen: wann nimmt die Regierung das Parlament wieder ernst?
Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin, sehr geehrte Herren Regierungsräte
Es ist fragwürdig und demokratiepolitisch grenzwertig, wie der Regierungsrat den Millionendeal mit den EKS-Aktien gegen den ausdrücklichen und mehrfach geäusserten Willen des Kantonsparlamentes im stillen Kämmerlein durchgestiert hat.
Im Spätsommer überwies der Kantonsrat das Postulat „Sinnvolle Zusammenarbeit zwischen EKS und SH Power“ mit 44 zu nur 5 Stimmen an den Regierungsrat. Im Postulatstext¹ heisst es explizit, dass bis zum Vorliegen des Berichtes an den Kantonsrat „auf jegliche verbindliche Absichtserklärung, Abmachung und Verträge zu verzichten“ ist. Als im Dezember Gerüchte kursierten, der Regierungsrat wolle Aktien zwar kaufen, aber gleich wieder verkaufen, präzisierte der Kantonsrat den Auftrag mit einem zweiten Postulat²: Darin heisst es unmissverständlich, dass die EKS-Aktien im Eigentum des Kantons bleiben müssen, bis die hängigen Vorstösse betreffend EKS erledigt sind.
Manch ein Kantonsrat staunte nicht schlecht, als der Regierungsrat kurz vor Weihnachten in einer Mitteilung bekannt machte, dass er einen Teil der zurückgekauften Aktien sofort wieder an das EKT verkauft hat und mit dem EKT einen Zusammenarbeitsvertrag abgeschlossen hat. Der Regierungsrat foutiert sich um den Kantonsrat, der gemäss Verfassung Art. 52 (unter Vorbehalt der Volksrechte) die oberste Gewalt ausübt und die Oberaufsicht über den Regierungsrat hat. Das Verhalten der Regierung ist einer reifen Demokratie ganz klar nicht würdig. «Warum gehen wir am Montag-Morgen überhaupt noch in den Kantonsrat, wenn sich die Regierung nicht mehr an die Beschlüsse des Parlamentes hält?» fragen sich die Volksvertreter zu Recht. In einer Demokratie steht die Regierung nicht über dem Parlament, sondern umgekehrt. Es ist darum verständlich, dass Kantonsräte von links bis rechts den Regierungsrat für dieses Verhalten kritisieren. Ein Verwaltungsrat würde eine Geschäftsleitung, die in einer wichtigen Frage gegen ihre Weisung agiert, wohl sofort auswechseln.
Befremdlich ist aber nicht nur der Entscheid selbst, sondern auch die Art und Weise, wie sich der Regierungsrat über den Kantonsrat hinweg setzt. Regierungsrat Christian Amsler sagte ins Mikrofon von Radio Munot, der Kantonsrat müsse jetzt halt etwas Vertrauen in die Regierung haben. Auch die Kommunikation der Regierung lässt zu wünschen übrig. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK), den Kantonsrat und auch die Öffentlichkeit liess der Regierungsrat ganz bewusst im Dunkeln über den von langer Hand aufgegleisten Millionendeal. Weder im Kantonsrat noch in der Geschäftsprüfungskommission – wo die Sitzungen vertraulich gelten – beantwortete die Regierung Fragen. Erst als das Geschäft schon abgeschlossen war und die Tinte trocken, dann informierte die Regierung in einem kurzen Communiqué. Die regierungsrätliche Strategie lautet: «Wir machen alles alleine und ignorieren den Kantonsrat und die Geschäftsprüfungskommission einfach!» So verfahren Monarchen. Eine Demokratie funktioniert anders.
Es ist nicht das erste Mal, wo der Regierungsrat das Verhältnis zum Parlament auf die Probe stellt. Die im Zusammenhang mit der Einführung von HRM2 von der GPK und dem Parlamentes geäusserte Forderung nach mehr Transparenz stiess beim Regierungsrat auf wenig Verständnis. Stattdessen hiess es, weiterführende Details seien nicht die richtige Flughöhe für das Parlament. So geht es natürlich nicht. Der Kantonsrat hat die Verantwortung für das Budget und ist deshalb auch befugt und
verpflichtet, es gründlich zu prüfen. Dem Fass den Deckel ausgeschlagen hat dann die Erklärung der Regierungspräsidentin im Kantonsrat, es sei ein Geschwindigkeitsmesser „Klaus“ im Budget enthalten, und das obwohl sie in der GPK noch das Gegenteil behauptete. Ein solches Verhalten hilft nicht gerade zur Vertrauensbildung bei. Von einem seltsamen Demokratieverständnis zeugte auch die Standpauke von Regierungsrat Christian Amsler nach seiner Wahl zum Regierungspräsidenten 2018. Er rügte das Parlament – wohlverstanden das Wahlgremium – ihn mit einer zu tiefen Stimmenzahl gewählt zu haben.
All diese Vorkommnisse sind kein gutes Zeichen für die Demokratie. Die Zusammenarbeit zwischen Regierungsrat und Kantonsrat kann so nicht weiter gehen.
In diesen Zusammenhängen bitte ich den Regierungsrat um Beantwortung folgender Fragen:
1. Wie rechtfertigt der Regierungsrat die offensichtlich bewusste Ignorierung des Willens des Kantonsrates beim Millionendeal der EKS-Aktien?
2. Warum konnte der Regierungsrat mit dem Vertragsabschluss mit dem EKT nicht zuwarten, bis der Bericht und Antrag zum entsprechenden Postulat im Kantonsrat behandelt wurde?
3. Warum wurde die GPK, der Kantonsrat und die Öffentlichkeit bis Ende Dezember 2017 bewusst nicht informiert?
4. Hat der Regierungsrat Verständnis dafür, dass sein Verhalten in der letzten Zeit beim Kantonsrat für Irritation und Unverständnis gesorgt hat?
5. Wird der Regierungsrat die Willensäusserungen des Kantonsrates auch künftig ignorieren?
6. Wie gedenkt der Regierungsrat seine Informationspolitik gegenüber der GPK, dem Kantonsrat und der Öffentlichkeit zu verbessern? Mit welchen Massnahmen wird der Regierungsrat die Transparenz verbessern?
7. Was unternimmt der Regierungsrat, um das Vertrauen in ihn und die Zusammenarbeit mit dem Kantonsrat wieder zu verbessern?
Für Ihre umgehende Antwort danke ich Ihnen im Voraus bestens.
Freundliche Grüsse
Walter Hotz
¹Postulat Nr. 2017/6, „Sinnvolle Zusammenarbeit zwischen EKS und SH Power“, erheblich erklärt am 04.09.2017 mit 44 : 5 Stimmen, Postulats Text: „Der Regierungsrat wird eingeladen, in Zusammenarbeit mit dem Stadtrat eine Zusammenarbeit zwischen der EKS und der städtischen Werke (SH Power) zu prüfen und dem Kantonsrat Bericht und Antrag zu unterbreiten. Betreffend Korporationsprojekt zwischen EKS und EKT ist bis zum Vorliegen des Berichtes und Antrags auf jegliche verbindliche Absichtserklärung, Abmachung und Verträge zu verzichten.“
²Postulat 2017/10, „Wahrnehmung des Vorkaufsrechts für die EKS-Aktien von der Axpo“, erheblich erklärt am 11.12.2017 mit 45 : 6 Stimmen, Postulats Text: Der Regierungsrat wird beauftragt, das Vorkaufsrecht der EKS-Aktien von der Axpo wahrzunehmen und deren Aktienteile käuflich zu erwerben. Die EKS-Aktien in Kantonsbesitz müssen im Eigentum des Kantons bleiben bis die hängigen Vorstösse betreffend EKS erledigt sind.“